Statement: Den Kunden 2021 unter freiem Himmel, in der Messehalle oder nur noch digital im Visier?
Agrar-Experte und GMC-Geschäftsführer Dirk Gieschen über die Corona-bedingte Entwicklung der Kundenansprache im Landtechnikbereich
„Digital ist vieles möglich – aber die Landtechnik lebt vom ‚Anfassen'“
Nach dem Shut-Down-Jahr 2020 hatten sich viele Unternehmer, Geschäftsführer, Vertriebsprofis, Marketingverantwortliche und Messemacher für das Frühjahr 2021 wieder Licht am Corona-Horizont erhofft. „Lass mal die Sonne im März wieder höher kommen und die Impfzentren richtig arbeiten, dann legen wir wieder richtig los“, hieß es einhellig.
Doch jetzt ist es Ende Januar und der strahlende Sonnenaufgang für die Nach-Corona-Zeit lässt noch auf sich warten. In wenigen Wochen ist es März und dann jährt sich der Shutdown erstmals – und noch immer ist nicht klar, wann wir in der Messe-, Vertriebs- und Marketingwelt wieder mit dem Kunden von Angesicht zu Angesicht planen können. Und wann wir wieder den klassischen Handschlag zelebrieren und uns beim Bier Branchengeplänkel zuflüstern, anstatt uns über die Qualität der FFP2-Masken auszutauschen, mag auch noch keiner konkret voraussagen.
Fachveranstaltungen statt Standparty
Besonders die internationalen Messen hat es voll erwischt. Hier steht aus aktueller Perspektive wohl die Agritechnica im November als eine der ersten internationalen Hallenveranstaltungen, die wieder möglich sein könnten, auf dem Plan. Bis dahin machen sich Beteiligte auf allen Seiten, sowohl bei den Messeveranstaltern als auch bei den Ausstellern und Dienstleistern Hoffnungen in Bezug auf Fachveranstaltungen, die ab dem Frühjahr ganz oder teilweise unter freiem Himmel stattfinden könnten. Die Betonung liegt dabei auf „fachlich“, die bierselige Standparty mit Branchen-Kuschelfaktor hat für 2021 wohl niemand ernsthaft geplant.
Richten wir den Blick nach Vorn. Kann es Messen und Ausstellungen 2021 überhaupt geben oder erleben wir Kunden-, Vertriebspartner-, Lieferanten- und Pressebeziehungen auch in den nächsten Monaten nur digital? Mit absoluter Sicherheit kann uns das heute niemand versprechen. Doch viele Organisatoren haben die letzten Monate genutzt, um die logistischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Veranstaltungen wieder genehmigungsfähig werden können.
Rückenwind für „luftige“ Konzepte
Wer sich damit beschäftigt und auch mit Kollegen und Behörden gesprochen hat, weiß, dass diese Voraussetzungen auf Sicht umso einfacher geschaffen werden können, je „luftiger“ und regionaler das Veranstaltungskonzept ist. Die DLG hat für die Feldtage Anfang Juni ihr Konzept „Safe-Business“ vorgestellt. Der VDMA hat es mit dem demopark-Motto „Open Air – Safe Fair“ auf den Punkt gebracht und will die Messe Mitte Juni in Eisenach realisieren. Und das Team der Tarmstedter Ausstellung plant den Außenbereich seines 18 Hektar großen Geländes bereits mit fast vollständiger Rückendeckung der Aussteller im Detail.
Eines ist klar: Kostengünstiger als 2019 können solche Konzepte niemals sein, es wird teurer. Und je mehr Innenräume, Platz, Personenbeschränkungen und Internationalität gefordert sind, desto aufwändiger und teurer wird das Ganze. Das muss jedem klar sein. Jeder weiß auch, dass diese Sonderkosten nicht die Idee der Messemacher waren.
Rückkehr des direkten B2B-Geschäftskontakts
Es geht um die Rückkehr des B2B-Geschäfts von Angesicht zu Angesicht. Das ist die große Chance für alle Beteiligten, die die Veranstalter auch im Sinne der Aussteller verwirklichen wollen. Aber: Für die Messegesellschaften winken hier 2021 vor allem zusätzliche Kosten, wenn nicht sogar Verluste, auf keinen Fall der schnelle Euro. Für die Aussteller ist es aber allemal die reale Kontakt- und Geschäftschance.
Auf den Punkt gebracht: Nach elf Monaten mit minimierten direkten Kontakten wird langsam klar, dass die Digitalisierung vieles möglich macht und räumliche Distanzen zunächst zumindest virtuell minimiert. Doch reicht das für den langfristigen Unternehmenserfolg aus? Top-profilierte Marken-„Dickschiffe“ mögen diese Frage bejahen. Die breite Masse der Mittelständler, familiär geprägte Hersteller und Händler werden die Stirn kraus ziehen.
Landtechnik lebt vom „Anfassen“
Sicherlich sehen digital geprägte Startups die Diskussion lockerer – und man kann von den oft für das typische Branchenverhalten eher unkonventionell agierenden jungen Firmen viel lernen. Doch gerade die Landtechnik lebt vom „Anfassen“ der Maschine, von der Technik-Faszination im Angesicht des neuen Schleppers und vom technischen Fachsimpeln darüber. Ich bin mir sicher: Hier staut sich gerade Kontaktbedarf lawinenartig auf.
Die große Frage, die sich viele Firmen stellen und die deshalb ihre Messepräsenzen in Frage stellen, ist: Hilft mir die Einsparung des Messebudgets in diesen Zeiten viel mehr als die Präsenz auf einer Veranstaltung, auf der nicht so viele Besucher wie 2019 kommen? Klar, das spart kurzfristig viel Geld. Doch die Kontaktchancen sind beim Verzicht eben auch weg. Wenn die Messe tatsächlich stattfindet, profitiert der Wettbewerb in diesem Jahr noch viel stärker als in normalen Jahren.
Die Besucher-Qualität wird steigen
Denn schon jetzt ist klar – und das haben die wenigen Messen im September und Oktober letzten Jahres klar gezeigt: Rein zahlenmäßig kommen zu Fachveranstaltungen in diesen Zeiten wohl weniger Besucher. Aber die Qualität der tatsächlichen Besucher und insbesondere deren Investitions- und Beratungsinteresse ist drastisch höher als das des Durchschnittsbesuchers.
Die gern als sogenannte „Buyer Persona“ formulierten Wunschkunden „Maximilian Ackerprofi“ mit seinen 200 Hektar Ackerbau, das „Friesen-Team“ mit 200 Kühen und „Fritz Lohner“ mit seinem Top-Lohnunternehmen sind nicht nur sehr interessante Kunden, sondern auch Top-Multiplikatoren – schon bei der Diskussion, ob man hingeht oder nicht. Kümmern Sie sich um diese Kunden, sonst tun es andere – und zwar nicht nur digital, sondern auch vor Ort.
Ach ja, man liest es überall: die Messen werden digitaler – und damit wird manches Bild einer Veranstaltung sich ändern. Das stimmt und der Trend „geht auch nicht wieder weg“, wie heute oft gesagt wird. Ja, digitales Marketing hat seinen Reiz. Aber wenn es irgend geht, wollen die Menschen insbesondere in unserer Branche Kontakte – und wenn der Direktkontakt nicht mehr verboten wird, dann werden sie Nachholbedarf haben.
Strategische Fehler jetzt vermeiden
Das wird die Akteure belohnen, die trotzdem eine Veranstaltung angeschoben haben – und die Aussteller, die diesen Veranstaltern den Rücken gestärkt haben. Kurzfristiger Verzicht kann kurzfristig Geld sparen helfen. Längerfristig hat sich der Verzicht auf Kundenkontakte aber immer als strategischer Fehler erwiesen.
In diesem Sinne mein Rat: Überlegen Sie gut, ob es langfristig klug ist, jetzt auf Kundenkontakte zu verzichten. Und überlegen Sie gut, wenn Sie Partner – egal ob im Vertrieb, im Messewesen oder unter ihren Lieferanten und Dienstleistern – mit dem Corona- und Kosten-Argument „mal eben“ fallen lassen. Nicht jeder wird dann 2022 noch da sein – oder nicht mehr für Sie da sein können, aus welchem Grund auch immer. Es wäre schade, dies zu spät zu bemerken.
Das Statement von Dirk Gieschen finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe des Eilboten (4/2021) sowie auf der Website:
Auf den Punkt gebracht: Den Kunden zukünftig nur noch digital im Visier? (eilbote-online.com)
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